Verlorene Jugend - Eine Lesereise ins Hamburg der Nazi-Zeit

Schüler-Interview zur Jugendroman-Reihe "Verlorene Jugend" mit der Autorin Fee-Christine Aks für den Deutsch- und Geschichtsunterricht, 7. Klasse eines Hamburger Gymnasiums.

Schüler (SCH): Frau Aks, Sie sind die Autorin der Jugendroman-Reihe "Verlorene Jugend". Warum haben Sie diese Bücher geschrieben?

Fee-Christine Aks (FCA): Bereits als Jugendliche so ungefähr mit 13 Jahren habe ich angefangen, mich mit dem Thema Nationalsozialismus zu beschäftigen. Dies geschah zunächst eher für die Schule, aber ich habe selbst viele "Standards" der Jugendliteratur zu diesem Thema gelesen - inklusive des Tagebuchs der Anne Frank. Danach hat mich das Thema nicht mehr losgelassen und schließlich zur Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex Nazi-Zeit, Zweiter Weltkrieg, Widerstand und Holocaust in literarischer Form geführt.

SCH: Wie alt waren Sie, als Sie die Romanreihe begonnen haben?

FCA: In etwa 15 Jahre alt. Die jeweils erste Fassungen von Maria Goldbergs Geschichte (Beginn der Nazi-Herrschaft) sowie den Geschichten von Liza Giesemann (Holocaust) und Paul Kirchhoff (Widerstand) sind damals entstanden. Die Veröffentlichung begann - nach Überarbeitung - im Dezember 2012. Die Geschichten von Maike Sommer (Leben im Versteck) und Fritz Mann (Hitlerjugend) hatte ich früher schon als Idee und grobe Handlung notiert, aber ich habe erst in den letzten Jahren mit dem Niederschreiben begonnen und 2017 beziehungsweise 2018 die Romane veröffentlicht.

SCH: Warum haben Sie Kinder und Jugendliche als Hauptfiguren gewählt?

FCA: Das liegt sicherlich einerseits daran, dass ich bei der ersten Fassung speziell von Liza Giesemanns Geschichte selbst noch eine Jugendliche und wie die Romanfigur 15 Jahre alt war. Zum zweiten finde ich persönlich diesen Themenkomplex so unglaublich furchtbar, wenn man sich überlegt, wie es für Kinder und Jugendliche gewesen sein muss, die eben genau durch die Nazi-Zeit mit all ihren Schrecken gerade nicht mehr Kinder und Jugendliche sein konnten; daher auch der Titel der Reihe: "Verlorene Jugend". Und drittens gibt es einfach immer noch zu wenig Literatur für junge Leser, die sich mit diesem Themenkomplex auseinandersetzt, was den altersgerechten Zugang erschwert.

SCH: Welche Ihrer Hauptpersonen haben Sie am liebsten und warum?

FCA: Oh, das ist schwierig zu beantworten. Wahrscheinlich stehen mir die Mädchen näher als die Jungs; deshalb gibt es bei mir auch mehr weibliche Protagonisten. Grundsätzlich mag ich alle meine Protagonisten, wenngleich ich sagen muss, dass ich die arme Liza Giesemann (Draußen war ein schöner Tag) am meisten mag - einfach, weil sie die Erste war.

SCH: Welche Ihrer Personen mögen Sie am wenigsten und warum?

FCA: Ganz klar Gunnar Berger. Er ist sozusagen das personifizierte Böse und stellt den einen großen, mächtigen und skrupellosen Gegner dar, vor dem meine Protagonisten auf der Hut sein müssen. Ich habe absichtlich einen Jungen gewählt, weil ich damit ausdrücken möchte, dass "Verlorene Jugend" eben auch ist, wenn man von den Erwachsenen instrumentalisiert und geradezu zum Oberbösewicht geformt wird. Aus Sicht der Protagonisten ist Gunnar ihr direkter Gegenspieler, der mit Rückendeckung der Erwachsenen (vor allem der "Blutbrüder" Sonne) willkürlich seine Launen und seine Machtposition ausleben kann.

SCH: Wieso lassen Sie in Ihren Roman so viele Personen sterben?

FCA: Speziell beim Thema Judenverfolgung/Holocaust wäre es aus meiner Sicht geradezu sträflich, das Thema zu verharmlosen, indem der Tod ausgeklammert wird. Es sind Millionen von Menschen ermordet worden, daran gibt es nichts zu rütteln. Und auch die politischen Gegner der Nazis und andere verfolgte Gruppen hatten in den Jahren 1933-1945 Situationen zu erdulden, die das Leben kosten konnten. Ich habe außerdem versucht, das Thema Tod so vielschichtig wie möglich zu präsentieren, denn beispielsweise ist der Rachetod von Herrn Berger ein nicht zu unterschätzendes Ereignis für dessen Sohn Gunnar.

SCH: Welche Personen in Ihren Romanen gab es wirklich und welche sind erfunden?

FCA: Abgesehen von historisch belegten Personen sind alle Charaktere frei erfunden, basieren aber teilweise auf (mehreren) Personen oder sind Personen"typen", die damals im Deutschen Reich anzutreffen waren. Beispielsweise hat es die "Blutbrüder" Sonne nie gegeben; sie basieren aber auf diversen wissenschaftlichen Dokumenten und Zeitzeugenberichten über die SA, SS und Gestapo und stellen genau diese mächtigen Nazi-Gruppen in all ihrer Schrecklichkeit, Grausamkeit und Brutalität dar.

SCH: Warum spielen Ihre Romane in Hamburg und Altona?

FCA: Ich wohne im Westen von Hamburg, unweit von Altona. Daher ist mir die Gegend vertraut. Außerdem hat die Freie und Hansestadt Hamburg in der Zeit von 1933 bis 1945 viel durchmachen müssen, was an anderen Orten in Deutschland so nicht geschehen wäre. Beispielsweise war der sogenannte "Altonaer Blutsonntag" vom 17. Juli 1932 ein Ereignis, das deutschlandweit dramatische Konsequenzen nach sich zog. Die ersten Fliegerbomben der alliierten Streitkräfte fielen ab dem 18. Mai 1940 auf Hamburg und gipfelten im Juli 1943 im größten "Feuersturm" auf deutschem Boden, der über die Hälfte der Stadt zerstörte und zehntausende Tote forderte. Dazu ist Hamburg (und auch das westlich gelegene, seit 1937 zur Hansestadt gehörende Altona) traditionell eine links-orientierte ("rote") und vor allem weltoffene (Handels-)Stadt, die durch die Nazis schnellstens und mit unvergleichlicher Härte und Brutalität "gleichgeschaltet" und "braun" gemacht wurde. Auf Anweisung von Adolf Hitler persönlich wurde Hamburg als "Hauptstadt der deutschen Schifffahrt" sogar zu einer "Führerstadt" erklärt (neben Berlin, München und Nürnberg und dem österreichischen Linz an der Donau).

SCH: Welche Ereignisse in Ihren Romanen sind wirklich passiert und welche sind erfunden?

FCA: Die historischen Ereignisse, angefangen bei den Reichstags- und Hamburg-Wahlen und den "Gleichschaltungsmaßnahmen" 1933 bis hin zum Zweiten Weltkrieg und dem Attentat vom 20. Juli 1944 sind wirklich passiert; ich habe aber die Handlungen der jeweiligen Romane sozusagen "drum herum gestrickt", sodass die historischen Ereignissen von meinen Protagonisten "erlebt" werden. Bei allem, was im Alltag passiert - inklusive Familiengeschichten und Erlebnisse mit den Nachbarn, habe ich mich auf Erzählungen aus dem Verwandtschafts- und Freundeskreis gestützt. Beispielsweise gab es bei der Familie einer Freundin von mir die Verhaftung des Vaters durch die Gestapo oder bei der Familie eines Freundes eine spektakuläre Flucht über Häuserdächer und durch die Kanalisation.

SCH: Welche Geschichten für die Reihe "Verlorene Jugend" werden Sie noch schreiben?

FCA: Ich habe bereits begonnen, das sechste Buch der Reihe zu schreiben. Darin werde ich die Geschichte von Maike Sommer (Am Himmel lächelte der Mond) weiter erzählen, die bis in die frühen Nachkriegsjahre reichen wird. Außerdem liegt zumindest die grobe Handlung für zwei weitere Geschichten vor, von denen eine um 1939 (Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und Luftangriffe auf Hamburg ab Mai 1940) spielen wird, während die andere vermutlich erst um 1960 herum in der Kinder-Generation der bisherigen Protagonisten angesiedelt sein und sich mit der Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen in der jungen Bundesrepublik Deutschland beschäftigen wird. Als Protagonisten habe ich wiederum junge Mädchen ausgewählt, während einige der bereits bekannten Personen erneut auftreten oder in Erinnerungen vorkommen werden.

Das Interview führten Mareike B., Sophie-Christine R., Sophie N., Luka N. und Florian W.

Hamburg, 2018-05-18

In der Jugendroman-Reihe "Verlorene Jugend" bisher erschienen:

- Als die Dunkelheit hereinbrach (Geschichte von Maria Goldberg, Thema: Beginn der Nazi-Herrschaft)

- Draußen war ein schöner Tag (Geschichte von Liza Giesemann, Thema: Holocaust)

- Während der Schnee leise fiel (Geschichte von Paul Kirchhoff, Thema: Widerstand und Flucht)

- Am Himmel lächelte der Mond (Geschichte von Maike Sommer, Thema: Widerstand und Leben im Versteck)

- Als der Wind kälter wehte (Geschichte von Fritz Mann, Thema: Hitlerjugend)

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